Gestatten, ich bin . . . .

der Habicht

Autor: Volker Kropik

Sprachlich-ornthologische Bemerkungen zum Namen Habicht

Habicht      Bild:Peter Kuehn
Habicht Bild:Peter Kuehn

Der Vogel des Jahres 2015 ist der Habicht.

Im Deutschen wird  dieser imposante  Greifvogel  auch Hühnerhabicht genannt. Die Wissenschaft bezeichnet ihn als  accipiter gentilis. Dieser klangvolle  lateinische  Name  bedeutet vielleicht ‚edler Schnellflieger’. Dass man dem  Habicht  den Namen ‚Schnellflieger’ gegeben hat, ist leicht verständlich, wenn man den geschickten Beutegreifer  einmal im Jagdflug beobachten konnte.  ‚Edel’   oder ‚von edlem  Geschlecht’ ist er deshalb, weil man den Habicht  hervorragend in der Beizjagd verwenden kann. Die  Beizjagd ist ein Ausdruck aus der Falknersprache. Man versteht darunter das Jagen mit Hilfe eines Greifvogels. 

 

Was könnte nun der deutsche  Name Habicht bedeuten?

Es  ist ja ein Name, der sich nicht selbst erklärt, und den man nicht so leicht versteht wie etwa Rotkehlchen und Baumläufer,   Zwergtaucher  oder Bachstelze. Solche Vogelnamen beschreiben das  Äußere eines Vogels, seinen Lebensraum oder sein typisches Verhalten. Andere Vogelnamen lassen sich aus der Stimme eines Vogels erklären. Der Kuckuck „ruft“ seinen Namen.  Und es braucht auch nicht viel Fantasie, um zu erkennen, wie  wohl die Namen Uhu,  Kiebitz oder Zilpzalp entstanden sind.

 

‚Habicht’ ist ein altes Wort in unserer Sprache. Schon im Althochdeutschen, also vor etwa  tausend Jahren, gab es den Vogelnamen in der Form habuh. Diesem Namen liegt eine germanische Namensform zugrunde, die habuka  gelautet haben muss. Aus diesem  Wort  haben  sich auch der heutige  englische und der niederländische   Name entwickelt. Sogar die skandinavischen Bezeichnungen, die  nur noch entfernt  unserem Wort  Habicht ähneln, gehen auf das urgermanische habuka  zurück.   Im Englischen heißt der Habicht hawk, die Holländer nennen ihn  havok , und  auf Dänisch und Schwedisch  heißt er høk (hök).

 

Verständlich wird das Wort Habicht aber erst, wenn man sprachgeschichtlich noch weiter zurückgeht, und zwar ins Indogermanische. Diese Ursprache, aus der sich  die meisten europäischen Sprachen entwickelt haben, hat sich vor etwa 5000 Jahren verbreitet. Wissenschaftler haben Bausteine dieser Sprache rekonstruiert, die man ‚Wurzeln’ nennt.

Die Sprachwurzel für unsern Namens ‚Habicht’ lautet kap.  Sie  hat die Bedeutung  ‚fassen, packen, greifen’, und damit ist der Name Habicht verständlich:

Der Habicht ist ein Vogel, der zupackt. Er ist ein ‚Fänger’ oder  ‚Greifer’.

 

Habichte schlagen  auch größere Beutetiere als Kleinvögel oder Mäuse.  Die Namenszusätze, die man ihm gegeben hat, zeigen das deutlich. Im Deutschen und  im Norwegischen nennt man den Habicht ‚Hühnerhabicht’. In  Schweden und  in Polen wird er als   ‚Taubenhabicht’ bezeichnet. Tauben  gehören  in Mitteleuropa  zur Hauptbeute des Habichts. Die Engländer sehen ihn als ‚Gänsehabicht’, obwohl Gänse eher nicht zum Beutespektrum unseres Vogels des Jahres  gehören.  Und für die Russen ist der Habicht  der Beutegreifer, der  Birkhühner schlägt. Das mag in Einzelfällen zutreffen, doch sind Birkhühner  allein wegen ihrer Größe auch in Russland eher ungewöhnliche Jagdbeute.

 

Der Habicht ist also der Vogel, der zupackt. Ist es da verwunderlich, dass man nach ihm auch Ortsnamen, ja sogar  ein Herrschergeschlecht   benannt hat?  Wer hätte vermutet, dass die Habsburger ihren Namen nach der ‚Habichtsburg’ erhalten haben?

 

                                                                           Volker Kropik  (Nov. 2014)