Gestatten, ich bin . . . .

der Storch

Autor: Volker Kropik

Interessantes und Wissenswertes zum Storch und auch einige sprachlich-ornthologische Bemerkungen

Einer unserer beliebtesten Vögel ist der Storch, der auch als Meister Adebar bekannt ist.

Der Storch bringt die Kinder, das wussten unsere Altvorderen, jedenfalls haben sie es ihren neugierigen Kindern erzählt, wenn die fragten, woher denn eigentlich die Kinder kommen. Und die riefen ihrem Storch zu:

                                  

Storch, Storch guter,

bring mir einen Bruder,

Storch, Storch bester,

bring mir eine Schwester.

 

Wir wollen uns nicht mit dem Wahrheitsgehalt dieser Aussage beschäftigen, sondern der Frage nachgehen, wie der Mythos vom kinderbringenden Klapperstorch entstan-den sein könnte. Uralt sei diese Vorstellung, sagen die einen. Andere geben an, dass das Storchenmärchen erst  seit dem 18. Jahrhundert erzählt wird. Aber nicht nur  das Alter dieser Mär  ist unsicher, merkwürdig sind auch   die verschiedenen Erklärungen für die Entstehung der Storchenfabel. Manche   Forscher sehen den Ursprung des Mythos im „liebevollen Miteinander“ der monogam lebenden Storcheneltern und ihrer  Jungen. Andere  glauben, dass ein großer Frosch, den der Storch quer im Schnabel in sein Nest trägt, mit etwas Phantasie für ein Baby gehalten werden kann. Gelegentlich heißt es, dass der Storch als Symbol der Fruchtbarkeit angesehen worden sei, da seine Rückkehr  mit der alljährlichen Wiederbelebung der Natur assoziiert wird. Noch anders verhält es sich mit einer Deutung, nach der  sich das  Storchenmärchen  gar nicht auf den Vogel beziehen soll, sondern auf das Heilkraut ‚Storchschnabel’. Ein Teeaufguss aus diesem Kraut soll angeblich  helfen, den Kinderwunsch  zu erfüllen.

 

Diese Erklärungen  sind in hohem Grade seltsam, und der Verdacht liegt nahe, dass  die Legende vom kinderbringenden Storch weder aus altem Heilwissen oder alten mythologischen Vorstellungen noch aus Verhaltensbeobachtungen entstanden ist.

 

Aber wie könnte es  zu der  Storchenlegende gekommen sein?

 

Um diese Frage besser zu beantworten, muss man zum zweiten Namen des Storches gehen, zum  Namen Adebar. Leider kann man nicht eindeutig feststellen, wie die allerältesten Formen dieses Vogelnamens gelautet haben.  Schon im Althochdeutschen, also unserer Sprache vor mehr als tausend Jahren, gibt es so viele Varianten des Storchennamens, dass sich daraus keine hundertprozentig sichere germanische Urform des Namens rekonstruieren lässt. Die meisten Sprachforscher nehmen eine germanische Ausgangsform odabaro  an, die so viel wie ‚Glücksbringer’ bedeutet. Hieraus könnte sich dann der Mythos vom Storch als Kinderbringer, den es übrigens nur in den germanischen Ländern gibt, wenigstens ansatzweise  erklären lassen.  Der Storch / Adebar bringt dem Haus, auf dem er nistet, Glück und Segen, und dazu gehört sicherlich die Nachkommenschaft.

 

Nun gibt es aber gute Gründe für die Annahme, dass das germanische odabaro gar nicht die älteste Bezeichnung des  Vogels ist, sondern dass es sich bei diesem Namen bereits um eine Umdeutung eines noch viel älteren Wortes handelt. Der ursprüngliche Vogelname habe udafaro gelautet, nimmt man an,  und bedeute so viel wie  ‚Sumpfgänger’. Dieses Wort sei früh undurchsichtig  geworden und  habe deshalb  zu  vielen Umgestaltungen und Neudeutungen geführt.

 

Diese Erklärung klingt einleuchtend, denn ein Sumpfgänger ist der Storch allemal.

 

Wenn er später aus sprachlichen Gründen  zu einem Glücksbringer geworden sein sollte, der sogar Kinder bringt, dann soll uns das nur Recht sein.  In unserer Gemeinde heißen wir  den Storch  herzlich willkommen. Die Ortsgruppe Ganderkesee des NABU hofft,  dass sich in dem restaurierten Storchennest, das kürzlich  in  den Delmewiesen bei Gut Holzkamp wieder errichtet wurde,  bald ein Storchenpaar einfindet und Nachwuchs aufzieht.

 

Und wer weiß, vielleicht bringt  uns der Adebar  - Sumpfgänger hin oder her -  doch Kinder.

 

Volker Kropik ( April 2015)

 

Das obige Bild entstammt der NABU Mediendatenbank