Gestatten, ich bin . . . .

der Turmfalke

Foto: Hubert Reisch

Turmfalken

 

„Ich zog mir einen Falken länger als ein Jahr“, - so dichtete in mittelhochdeutscher Sprache Der von Kürenberg. Der Dichter beklagt in seinem Gedicht, mit wie viel Mühe und Geduld er einen Falken aufgezogen hat, der ihm dann einfach davongeflogen ist. 

 

Das Mittelalter war die Zeit der Falkenbeize, der Jagd mit einem Falken, die die adlige Gesellschaft in Europa zu ihrer Unterhaltung ausübte. Ein deutscher Kaiser aus dem Geschlecht der Staufer, nämlich Friedrich II, schrieb sogar ein Buch über die Beizjagd, das als Pionierwerk abendländischer Vogelkunde gilt.  

 

Falken werden auch heute als Jagdfalken abgerichtet. Es ist ein spannendes Schauspiel an einer Flugdemonstration einer Greifvogelwarte zu verfolgen, wie ein Falke seine Beute schlägt und sie gegen Herausgabe einer Belohnung dem Falkner oder der Falknerin übergibt.

 

Turmfalken gehören zu den kleineren Greifvögeln. Und sie sind bei uns gut zu beobachten. Ihren Namen haben sie, weil sie in unseren Siedlungen an hohen Gebäuden - vorzugsweise Türmen - brüten. Kirchtürme oder Feuerwehrtürme sind bei den Turmfalken sehr begehrt, weil sie dort einen geeigneten Nistplatz zu besetzen hoffen.  Der kann aus einem Kasten bestehen, den man möglichst hoch an der Außenmauer oder im Innenbereich eines Turms, einer Lagerhalle oder Scheune anbringt.  Ein typischer Turmfalkenkasten ist geräumig und   vorn weitgehend offen. Hier hinein streut man eine dicke Schicht aus Torf und Sägespänen, die man mit Birkenreisig abdeckt.  Der Turmfalke scharrt oder drückt eine Mulde in diese Unterlage und legt darin mehrere Eier.  Bevor es aber dazu kommt, muss das Turmfalkenpaar seinen Nistkasten heftig gegen andere Interessenten verteidigen: Dohlen sind an der schönen Nistgelegenheit interessiert und machen dem kleineren Turmfalken seinen Kasten streitig. Damit sie nicht als Sieger im Kampf um den Nistkasten hervorgehen, verschließen Turmfalkenfreunde die offene Vorderseite mit einer Dachpfanne für eine gewisse Zeit, bis die Dohlen eine andere Gelegenheit für ihr Nest gefunden haben und von dem Turmfalkenkasten absehen.

Wenn das Weibchen dann brütet, sitzt der männliche Falke ganz in der Nähe des Nestes und hält Wache. Oft füttert er das Weibchen schon lange vor Legebeginn.

 

Turmfalken sind tagaktive Jäger, die ihre Jagd im Spähflug oder von einer Sitzwarte aus durchführen. Dabei können sie mit schnellem Flügelschlag an einer Stelle verharren und den Boden nach Beute absuchen. Diesen Vorgang nennt man ‚rütteln’. Entdeckt der Falke eine potentielle Beute, dann versucht er im Stoßflug seine Beute zu greifen. Zu den bevorzugten Beutetieren gehören Mäuse, Maulwürfe, gelegentlich auch Kleinvögel und Insekten.

In der Fütterungszeit hört man häufig eine Reihe hoher Laute, die er ausstößt, wenn er sich dem Nest nähert.  Seine Stimme kann man mit kliklikli wiedergeben. Diesen Lauten verdankt der Turmfalke auch seinen wissenschaftlichen lateinischen Namen: falco tinnunculus – der ‚klingelnde’ Falke.

 

Wie alle Beutegreifer ist der Turmfalke von der Menge seiner Beutetiere abhängig. Ist es ein gutes Mäusejahr, dann kann der Falke mehrere Junge großziehen. Sind Mäuse nicht ausreichend verfügbar, dann gibt es wenig Nachwuchs. Mitunter bricht das Falkenpaar die Brut einfach ab.

 

Das war in diesem Jahr in einem unserer Turmfalkenkästen der Fall. Unter Beratung und Betreuung durch Dr. Johannes Bartner, der im NABU Oldenburger Land über 120 Turmfalkenkästen betreut, hat er mit dem NABU Ganderkesee einen neuen Turmfalkenkasten  in der ev. Kirche angebracht, der auch von einem Turmfalkenpaar bezogen wurde. Das Gelege von anfangs drei Eiern wurde jedoch aus unbekannten Gründen nicht ausgebrütet. Erfreulich hingegen ist die Bilanz für einen anderen Falkenkasten des NABU in   der kath. Kirche unseres Ortes. Hier wurden 6 Falken flügge. Ganz offensichtlich fanden und finden Turmfalken auf unseren Feldern und Wiesen genügend Nahrung für sich und ihre Jungen.

 

Solche Erfahrungen machen uns Mut, dem hübschen Falken möglichst viele Nistgelegenheiten anzubieten. Der Falke selbst entscheidet sich für oder gegen einen Nistkasten. Manchmal muss man auch einige Jahre warten, bevor ein Kasten angenommen wird. In jedem Fall leisten wir aber mit einem guten Nistkastenangebot einen Beitrag für den Erhalt der Turmfalkenpopulation in unserer Gemeinde Ganderkesee.

 

Volker Kropik

 

23.08.2018